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Digitaler Impfpass: IBM bekommt Zuschlag für App-Entwicklung

Auf ein Konzert kommt man normalerweise mit einem Ticket, entweder elektronisch oder auf Papier und das lässt man dann vom Personal am Eingang scannen. Stellen Sie sich nun vor, Sie gehen zu demselben Konzert und während jemand ihr Ticket scannt, wird er auch nach Ihrem Impfausweis fragen. Also rufen Sie diesen auf Ihrem Handy auf und lassen ihn ebenfalls einscannen, damit der Veranstalter überprüfen kann, ob Sie vollständig gegen COVID-19 geimpft sind. Erst dann dürfen Sie das Konzert sehen.

Dieses Szenario ist nicht weit hergeholt. Eine Gruppe von Unternehmen aus dem Gesundheitswesen hat sich zusammengeschlossen, um digitale Impfausweise zu entwickeln, die den COVID-19-Impfstatus verifizieren. In Zukunft könnten diese Zertifikate, die auf Smartphones und anderen digitalen Geräten gespeichert werden können, für den Zutritt zu Restaurants, Bars, Schulen und Flugzeugen erforderlich sein. Es ist ein Schritt, der notwendig sein könnte, um die Wirtschaft so schnell wie möglich wieder zu öffnen. 

Impfausweise sind keine neue Idee. Mehrere Länder verlangen bereits den Nachweis einer Impfung gegen Krankheiten wie Gelbfieber, bevor Reisende einreisen dürfen. Schon jetzt haben Angestellte im Gesundheitswesen, die den COVID-19-Impfstoff erhalten haben, ein weißes Stück Papier, auf dem das Datum der Impfung vermerkt ist. Aber solche Impfausweise „wären eine ganz andere Größenordnung“, sagt Krutika Kuppalli, eine Ärztin für Infektionskrankheiten.

Es könnte das erste Mal sein, dass ein Impfnachweis verlangt wird, um Dinge zu tun, die bisher alltäglich waren, wie in einem Restaurant zu essen oder zur Arbeit zu gehen.

Natürlich, sagt Kuppalli, „gibt es eine Menge ethischer Fragen, über die wir nachdenken müssen, bevor wir diesen Weg einschlagen.“ 

In Deutschland werden bereits gelbe Hefte in Passgröße verwendet, um die Impfungen einer Person zu dokumentieren. Nach den bestehenden Plänen sollen diese Unterlagen – die keine Reiseprivilegien gewähren – im nächsten Jahr digitalisiert werden.

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IBM-geführte Gruppe gewinnt deutschen Auftrag für digitalen Impfpass

Die Bundesregierung hat eine Ausschreibung an ein vom amerikanischen Technologiekonzern IBM geführtes Konsortium vergeben, um eine sichere App zu entwickeln, die eine digitale Version der Papier-Impfpässe des Landes bereitstellen wird. Auch die Deutsche Telekom hatte sich mit einem Pitch beworben.

Der rund 3-Millionen-Euro-Auftrag umfasst die App und ein Backend-System, das die Integration mit IT-Systemen in Arztpraxen und Impfstellen ermöglicht, laut den im Amtsblatt der EU veröffentlichten Details. Die Entwicklung des Systems soll als Open-Source-Projekt programmiert und transparent gemacht werden, ähnlich wie in der Corona-Warn-App. Hinterlegt wird der Impfnachweis dann womöglich in einer separaten Anwendung, die von der IBM programmiert wird. Bei einem Wechsel oder Verlust des Handys kann die Bescheinigung über diesen QR-Code wieder auf dem neuen Smartphone gescannt werden.

Das Zertifikat wird dabei nicht zentral auf einem Server gespeichert, sondern auf dem jeweiligen Smartphone des Nutzers. Menschen, die kein Smartphone besitzen, erhalten eine digital einlesbare Impfbescheinigung mit einem QR-Code auf Papier. 

Zu dem Konsortium gehören neben IBM auch das Kölner Start-up Ubirch, der IT-Konzern Bechtle und Govdigital, ein Zusammenschluss von zehn IT-Dienstleistern. Ursprünglich diskutierte Konzepte, dass auf eine Verschlüsselung von Blockchains gesetzt werden soll, wurden verworfen. Stattdessen soll die Lösung mithilfe von traditionellen Verschlüsselungstechniken vor Hackern geschützt werden. 

Gesundheitsminister Jens Spahn will die Impfpässe im Rahmen der EU-Pläne in 12 Wochen fertig haben. Sie sollen als Nachweis dienen, dass ein Inhaber geimpft ist oder sich von der Viruserkrankung erholt hat und somit einen gewissen Schutz gegen die Krankheit hat.

Im Januar einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten darauf, als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie einen interoperablen Standard für Impfbescheinigungen zu entwickeln, der innerhalb der Länder verwendet werden kann. Kurz darauf sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass digitale Impfbescheinigungen, die es Menschen ermöglichen, inmitten der Pandemie in Europa zu reisen, noch vor dem Sommer verfügbar und unkompliziert durch eine Smartphone-App nachgewiesen werden können.

Im Ausschreibungsdokument wird darauf hingewiesen, dass der Vorschlag des IBM-Konsortiums speziell auf diese Anforderungen zugeschnitten ist und die Implementierung in den 55.000 Arztpraxen und 410 Impfstellen in Deutschland etwa 12 Wochen dauern sollte.

IBM hat bereits einen digitalen Gesundheitspass entwickelt, der in den USA als Gesundheitspass erprobt wird und COVID-19-Testergebnisse, Temperaturscans und Impfstoffdaten erfasst. Er soll eine sichere Möglichkeit bieten, Menschen an einen physischen Ort wie einen Arbeitsplatz, eine Schule, ein Stadion oder eine Fluglinie zurückzubringen.

Anderswo auf der Welt sind digitale Zertifikate für die COVID-19-Impfung schon weiter fortgeschritten. Israel zum Beispiel, das im Moment weltweit führend bei Impfungen ist, hat ein papier- und smartphonebasiertes Green Badge-Zertifizierungssystem für Personen, die geimpft wurden oder sich von COVID-19 erholt haben.

Das Zertifikat verwendet QR-Codes, die beim Betreten eines Ortes gescannt werden können, obwohl es Berichte über Fälschungen gab, die entdeckt wurden. Angeblich prüft auch Großbritannien ein solches System, das als zusätzliche Funktion der NHS-Track-and-Trace-App dienen könnte.

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Digitaler EU-Impfnachweis soll möglichst schnell eingesetzt werden

Der deutsche digitale Impfpass soll kompatibel mit dem COVID-19-Zertifikat sein, an dem die EU momentan arbeitet. Die Pläne für ein „digitales grünes Zertifikat“ wurden am 17. März vorgestellt und dafür wird mit internationalen Organisationen zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass das System auch außerhalb der EU funktioniert, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag.

Im „grünen Pass“ sollen Impfungen, Ergebnisse zugelassener Tests und Informationen zu überstandenen Infektionen festgehalten und EU-weit anerkannt werden. Urlaubsländer wie Griechenland oder Spanien, deren Wirtschaft stark vom Tourismus abhängt, hatten sich dafür eingesetzt.

Das Dokument soll kostenfrei ausgestellt werden.

Welche Vorteile, z. B. eine Befreiung von der Quarantäne, die EU-Staaten gewähren, können die Länder selbst entscheiden. Zudem sollen die jeweiligen Länder selbst festlegen, ob auch Impfungen mit Präparaten anerkannt werden, die nicht in der gesamten EU zugelassen sind – beispielsweise das russische Sputnik V. Diese Regeln gelten zunächst für 12 Monate. 

Es bleibt zwar abzuwarten, ob Veranstalter oder Gastronomien die COVID-19-Impfung vorschreiben werden, aber es könnte sein, dass das Leben viel einfacher wird, wenn man nachweisen kann, dass man geimpft worden ist. „Wir arbeiten bereits mit den meisten großen Fluggesellschaften“ sowie mit vielen Hotels zusammen, sagt Paul Meyer, CEO von The Commons Project. Während es den verschiedenen Institutionen überlassen bleibt, ob sie einen Nachweis über die Impfung gegen COVID-19 verlangen, sagt Meyer, dass es eine große Nachfrage von Seiten der Verbraucher geben wird“.